Behandlung: Gehfähigkeit bestmöglich erhalten

Fakten
Anforderungen an eine optimale Therapie der DMD

Die Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) ist eine komplexe Erkrankung mit einem weiten Spektrum an Symptomen und Komplikationen.1 Die Therapieziele bei DMD sind der Erhalt der Gehfähigkeit über einen möglichst langen Zeitraum und die vorausschauende Therapie assoziierter Komplikationen. Dazu zählen Gelenkkontrakturen, Skoliose, Kardiomyopathie und Ateminsuffizienz.2

 

Es konnte gezeigt werden, dass pharmakologische, pneumologische, kardiale, orthopädische und rehabilitative Maßnahmen die Funktionalität, Lebensqualität, Gesundheit und Lebenserwartung der Patienten verbessern können. Die optimale Therapie der DMD erfordert daher die koordinierte Zusammenarbeit einer Vielzahl an medizinischen Fachrichtungen unter Anwendung eines einheitlichen und umfassenden Versorgungsansatzes.1

Gehfähigkeit bestmöglich erhalten - Therapie der DMD

Patienten mit DMD benötigen eine koordinierte Versorgung

Bei Patienten mit DMD ist ein multidisziplinärer Teamansatz erforderlich, bei dem sich Art und Ausmaß der Unterstützung durch die Teammitglieder mit der Zeit verändern.

Jedes Mitglied des Teams, einschließlich des Haus- oder Kinderarztes, kann die Koordination der Versorgung übernehmen. Dabei benötigt diese Rolle ein Verständnis für die DMD und Zugang zu den Versorgungseinrichtungen.1

Patienten mit DMD benötigen eine koordinierte Versorgung

Übersicht koordinierte Versorgung der DMD

Übersicht koordinierte Versorgung der DMD

Modifiziert nach: Bushby K, et al.1

Medikamentöse Therapie (neuromuskuläre Funktion und Skelettintegrität)
Kortikosteroide (KS)

Kortikosteroide bilden den Stützpfeiler der Therapie. Sie können die Verschlechterung der Muskelkraft und -funktion verlangsamen.1 Dies wiederum reduziert das Skolioserisiko, stabilisiert die Lungenfunktion und verbessert vielleicht die Herzfunktion.1 Daher ist das Ziel der KS-Therapie beim gehfähigen Kind, die Gehfähigkeit zu erhalten und spätere pneumologische, kardiale und orthopädische Komplikationen möglichst gering zu halten.1

Zeitpunkt des Beginns einer Kortikosteroidtherapie

Wann eine Kortikosteroid-Therapie begonnen werden soll, ist eine individuelle Entscheidung, die auf der Symptomatik, dem Alter und dem Risiko für Nebenwirkungen beruht.1

Medikamentöse Therapie (neuromuskuläre Funktion und Skelettintegrität) - Kortikosteroidtherapie

  • Die Grundimmunisierung sollte vor Beginn der Kortikosteroide vollständig sein1
  • Familien sollten mit einem Steroidpass (oder Ähnlichem) versorgt werden1

* frühester Start der Therapie: einige Ärzte bevorzugen einen aggressiveren Ansatz, obwohl keine Daten vorliegen, die dieses Vorgehen stützen.1 KS: Kortikosteroide

Die Kortikosteroid-Therapie geht mit einer Reihe an Nebenwirkungen einher, die eine sorgfältige Überwachung notwendig machen.1 Bei nicht tolerierbaren oder nicht behandelbaren Nebenwirkungen besteht die Möglichkeit der Dosisreduktion, des Wechsels auf eine andere Substanz, des Einsatzes eines alternativen Dosierungsschemas (z. B. Dosierung jeden zweiten Tag oder intermittierende Dosierung) oder der Beendigung der Therapie.

 
Nebenwirkungen der Kortikosteroidtherapie1

Systematisch und lokal*

Nachteilige Verhaltensveränderungen

Suppression des Immunsystems/ der Nebennierenrinde

Arterielle Hypertonie

Glukose - intoleranz und stammbetontes Übergewicht

Gastroösophagealer Reflux

Magengeschwür

Katarakte

Erhöhtes Frakturrisiko

Wachstumsverzögerung

* Hirsutismus, Akne, Tinea, Warzen, Myoglobinurie, verspäteter Pubertätseintritt
† Demineralisierung des Knochens

 
Andere Therapieoptionen

Krankheitsmodifizierende Substanzen sind verfügbar bzw. werden bei Patienten mit unterschiedlichen Arten von DMD-Mutationen untersucht.3

Pneumologisches Management

Die Kraft der Atemmuskulatur nimmt mit der Progression der DMD ab und setzt die Patienten so einem erhöhten Komplikationsrisiko aus. Diese Komplikationen schließen einen unproduktiven Husten ein, gefolgt von nächtlichen Atemproblemen und letztlich Atemversagen tagsüber. Das Ziel des Atemwegsmanagements bei Kindern mit DMD ist die Prävention und Therapie dieser Komplikationen.4

Zustand des Patienten4
Maßnahmen4
Gehfähig • Klinik: möglichst regelmäßige Untersuchungen (d.h. forcierte Vitalkapazität [FVC]) mindestens jährlich, um einen Ausgangswert der Atemfunktion zu erhalten
Nicht gehfähig • Klinik: Pulsoximetrie, Hustenspitzenfluss und (optional) maximale inspiratorische/exspiratorische Drücke, mind. alle 6 Monate
Nicht gehfähig und:
• Verdacht auf Hypoventilation
• Vorhergesagte FVC<50%
• Derzeit Anwendung unterstützender Beatmung
• Klinik: endexspiratorische CO2 - Konzentration im Wachzustand durch Kapnometrie*, mindestens jährlich
Beeinträchtigte Atmung • Zu Hause: Pulsoximetrie
• Zu Hause oder im Labor: Überwachung des Gasaustauschs nachts

*Messen Sie das endexspirator. CO2 auch immer bei Patienten mit Atemwegsinfektion und vorhergesagter FVC < 50%. †Akute Atemwegsinfektionen; Hustenspitzenfluss <160 l/min; Hypoventilation; vorhergesagte Ausgangs-FVC <40% und/oder Ausgangs-CO2 im Blut oder endexspirator. CO2 >45 mmHg und art. Sauerstoffsättigung <95%; oder FVC <1,25 l bei jedem Teenager oder älteren Patienten

Pneumologische Maßnahmen

Die bei DMD-Patienten angezeigten Maßnahmen hängen vom Ausmaß der pneumologischen Beeinträchtigung ab.4

1. Vergrößern des Atemvolumens/ Technik der tiefen Einatmung

2. Techniken des manuell/ mechanisch unterstützten Hustens

3. Nächtliche Beatmung

4. Beatmung tagsüber

5. Tracheostoma (invasive Beatmung)

Prävention und Management von Infektionen

Patienten im Alter von 2 Jahren oder älter können eine Impfung mit einem 23-valenten Pneumokokken-Polysaccharidimpfstoff erhalten. Patienten im Alter von 6 Monaten oder älter können mit einem trivalenten inaktivierten Grippe-Impfstoff geimpft werden. Aktive Infektionen sollten mit Techniken des manuell/mechanisch unterstützten Hustens und Antibiotika behandelt werden.4

Zustand des Patienten4
Maßnahmen4
Gehfähig • Klinik: möglichst regelmäßige Untersuchungen (d.h. forcierte Vitalkapazität [FVC]) mindestens jährlich, um einen Ausgangswert der Atemfunktion zu erhalten
Nicht gehfähig • Klinik: Pulsoximetrie, Hustenspitzenfluss und (optional) maximale inspiratorische/exspiratorische Drücke, mind. alle 6 Monate
Kardiales Management

Patienten mit DMD können Herzerkrankungen entwickeln, in der Regel Kardiomyopathie und/oder Herzrhythmusstörungen. Eine Erkrankung des Myokards kann vor Einsetzen der klinischen Symptome vorhanden sein. Zusätzlich können Symptome einer Herzinsuffizienz (Müdigkeit/Erschöpfung, Gewichtsabnahme, abdominelle Schmerzen, Schlafstörungen und funktionelle Beeinträchtigungen) durch muskuloskelettale Merkmale der DMD überdeckt sein. Daher sollte die Herzfunktion sorgfältig überwacht und pathologische Veränderungen rasch behandelt werden.4

 

Routinekontrollen4
Mindestens notwendige Untersuchungen • Elektrokardiogramm und nichtinvasive kardiale Bildgebung (Echokardiogramm)
Häufigkeit • Mindestens alle 2 Jahre bis zum 10. Lebensjahr; nach dem 10. Lebensjahr jährliche vollständige kardiologische Untersuchung (bzw. früher, wenn Zeichen/ Symptome einer Herzerkrankung auftreten

 

Erweiterte Kontrollen4
Veränderungen der Ventrikelfunktion* • 6-monatliche Kontrolle und Initiierung der Therapie
Veränderungen des Herzrhythmus • 24-Stunden-Langzeit-EKG und Initiierung der Therapie
Kortikosteroid-Therapie • Zusätzliches kardiovaskuläres Monitoring erforderlich, insbesondere bzgl. Bluthochdruck, ggf. Reduktion der Kortikosteroid-Dosis; Hypertonie sollte therapiert werden

 

Therapie & Prophylaxe4
Erstlinientherapie • Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren
Andere Therapieoptionen • Β-Rezeptorblocker und Diuretika
Herzinsuffizienz-Symptome • Therapie entsprechend den publizierten Leitlinien
Prophylaxe thromboembolischer Ereignisse • Bei schwerer kardialer Dysfunktion kann eine Antikoagulation in Erwägung gezogen werden

*Bei der nichtinvasiven Bildgebung festgestellt

Gastrointestinaltrakt-, Sprach-, Schluck- und Ernährungsmanagement

Während des gesamten DMD-Verlaufs besteht bei Patienten das Risiko sowohl einer Mangelernährung als auch des Übergewichts. Schreitet die DMD fort, kann die Schwäche im Rachenbereich zu Dysphagie führen, Schwierigkeiten mit der Ernährung verstärken und zum zunehmenden Verlust der Kraft der Atemmuskulatur beitragen. Letztlich kann Sondenernährung notwendig werden. Behandlungsbedürftige Obstipation und gastroösophagealer Reflux treten bei Kindern mit DMD häufig auf.4

 

Ernährungs-Management4
Regelmäßige Kontrolle • Gewicht, lineare Körperhöhe (gehfähige Patienten) und Armspannbreite/ Körpersegment-bezogene Größe (nichtgehfähige Patienten)
Maßnahmen • Beurteilung der Ernährung bzgl. Energiegehalt Proteine, Flüssigkeit, Kalzium, Vitamin D und Mineralien; Multivitamine werden zur Ergänzung empfohlen

 

Schlucken4
Trigger für eine Untersuchung • Unbeabsichtigte Gewichtsabnahme ≥ 10%, Abnahme der erwarteten Gewichtszunahme, gefährliches Verschlucken*
Trigger für eine Überweisung • Dysphagie, anhaltender Husten, Würgen oder feuchte Stimmqualität beim Essen oder Trinken
Maßnahmen • Dysphagie: Maßnahmen zum Schlucken oder Kompensationsstrategien (erfordert Sprachtherapeuten)
• Erhalt von Gewicht/Hydratation, wenn orale Maßnahmen nicht mehr ausreichen: Platzierung einer Magensonde

 

Gastrointestinal-Management4
Maßnahmen • Obstipation: Stuhlweichmacher, Laxanzien, Stimulanzien, gelegentlich Einläufe bei akuter Obstipation/sehr festem Stuhlgang; Beurteilung und Steuerung der Flüssigkeitsaufnahme (persist. Obstipation)
• Gastroösophagealer Reflux: Protonenpumpen- Inhibitor oder H2-Rezeptor-Antagonist, mit Prokinetika, Sucralfat und neutralisierende Antazida; Säureblocker werden üblicherweise Kindern verschrieben, die Kortikosteroide oder Bisphosphonate erhalten; ggf. Ernährungsmaßnahmen

 

Sprechen und Sprache4
Trigger für eine Überweisung • Schwierigkeiten bei der Sprachentwicklung, beim Sprachverständnis oder dem mündlichen Ausdruck
Maßnahmen • Motorische Übungen für den Mund und Artikulationstherapie (Kinder mit Hypotonie und ältere Patienten mit Verschlechterung der Kraft der Mundmuskulatur/Verständlichkeit der Sprache
• Kompensationsstrategien, Sprechübungen und Sprechverstärkung (ältere Patienten mit Verschlechterung des Sprechens aufgrund pneumologischer Probleme)

* Eine Episode einer Aspirationspneumonie, unklare Abnahme der Lungenfunktion oder Fieber unbekannter Ursache könnten Anzeichen für gefährliches Verschlucken sein.

Orthopädisches Management
Operative Eingriffe bei Kontrakturen der unteren Extremität

Die Verlängerung von Sehnen spielt für die Therapie von Kontrakturen eine entscheidende Rolle, insbesondere während der frühen bis mittleren Phase der Gehfähigkeit. Sprunggelenke und Knie sind einer chirurgischen Korrektur/Versteifung zugänglich.4

Skelett-Management

Die Einnahme von Kortikosteroide kann das Skolioserisiko reduzieren, erhöht aber das Risiko von Wirbelfrakturen. Die Entwicklung einer Skoliose sollte in der Phase der Gehfähigkeit klinisch und in späteren Phasen radiologisch kontrolliert werden. Die Skoliose kann durch Wirbelsäulenversteifung behandelt werden.4

Die Knochengesundheit kann durch die Abnahme der Mobilität, Muskelschwäche und Kortikosteroide beeinträchtigt sein. Dies führt zu Frakturen, Osteopenie, Osteoporose, Kyphoskoliose, Knochenschmerzen und einer verminderten Lebensqualität. Notwendig ist die Überwachung und Untersuchung durch einen Spezialisten; potenzielle Maßnahmen schließen ergänzend die Einnahme von Vitamin D und Kalzium sowie die Therapie mit Bisphosphonaten ein.4

Frakturen sind bei DMD häufig. Die interne Fixation kann eine frühzeitige Wiederherstellung der Gehfähigkeit ermöglichen. Bei nicht gehfähigen Patienten können Lagerungsschienen oder Kunststoffgipsverbände angemessener sein.4

Chirurgische Optionen nach Phase der Gehfähigkeit4
Frühe Gehfähigkeit • Sehnenverlängerung und Hüftoperation mit Muskelverlängerung zur Linderung von Kontrakturen
Mittlere Gehfähigkeit • Bilaterale/ asymmetrische Eingriffe (Hüfte, Knie, Sprunggelenk), um Gehen zu erhalten, Sehnenverlängerung oder -transfer, evtl. mit postop. Versteifung, gegen Fehlstellungen
Späte Gehfähigkeit und Frühe Nicht-Gehfähigkeit • Sehnenverlängerung zur Korrektur von Fußfehlstellungen, Linderung von Schmerzen u. Druckstellen; ermöglicht Tragen von Schuhen und Abstellen der Füße im Rollstuhl
Psychosoziale Betreuung

Psychosoziale Probleme bei DMD werden durch eine Vielzahl an Faktoren verursacht, einschließlich biologischer, sozialer, emotionaler und therapiebezogener Faktoren. Wie bei anderen Dimensionen der Erkrankung sind die Prävention und die rasche Einleitung von Therapiemaßnahmen essenziell, um zu günstigeren Ergebnissen zu gelangen. Grob gesagt sind Interventionen, die für die Allgemeinbevölkerung geeignet sind, auch für Patienten mit DMD geeignet.1

Die Diagnose einer DMD wirkt sich erheblich auf die Eltern aus, so dass deren Bedürfnisse ebenfalls berücksichtigt werden sollten.1

 
Untersuchung1
Entscheidender Zeitpunkt • Etwa zum Zeitpunkt der Diagnose (Familie kann 6–12 Monate benötigen, um sich auf die Situation einzustellen), vor dem ersten Schulbesuch und nach einer Veränderung der Funktion
Untersuchung des Patienten • Emotionale Anpassung und Krankheitsbewältigung, neurokognitive Funktion, Sprach- und Sprechentwicklung, Störung aus dem autistischen Formenkreis und soziale Unterstützung
Untersuchung der Familie • Psychosoziales Befinden
Maßnahmen1
Psychotherapie • Verschiedene Maßnahmen helfen, externalisierendes Verhalten (Non-Compliance, störendes Verhalten, Eltern-Kind-Konflikt), internalisierendes Verhalten (geringes Selbstwertgefühl, Depression, Angst, zwanghaftes Verhalten, Schwierigkeiten mit der Anpassung und Bewältigung), soziale Fähigkeiten und spezifische Autismus-bezogene Verhaltensweisen anzugehen
Pharmakologisch • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer bei Depression, Angst und Zwangsstörung
• Stimmungsstabilisatoren bei Aggression, Wut, emotionaler Dysregulation
• Stimulanzien bei Aufmerksamkeits-Defizit- Hyperaktivitäts-Störung
Soziale Interaktion • Edukative Maßnahmen, die auf das Schulpersonal und Gleichaltrige abzielen, Training sozialer Kompetenzen, modifizierter/adaptierter Sport, soziale Aktivitäten und Förderung der Unabhängigkeit
Edukation • Neuropsychologische Untersuchung (bei Diagnose und vor Eintritt in die Schule) und individualisierte Ausbildung
Pflege/ Unterstützung • Pflegekoordinator kann die unterschiedlichen Maßnahmen managen und organisieren
• Häusliche Dienste, falls eine ausreichende Versorgung im gegenwärtigen Setting nicht gewährleistet werden kann
• Planung der Transition (z. B. Selbstvertretung erleichtern und Wechsel zu einem neuen medizinischen Team)
• Palliative Pflege /Hospiz-Pflege
Rehabilitations-Management

Verschiedene Maßnahmen können angewendet werden, um die Beweglichkeit zu verbessern (durch Erhalt der Dehnbarkeit der Muskeln sowie Vorbeugung und Therapie von Gelenkkontrakturen) und die Funktionalität zu unterstützen. Operative Maßnahmen können ebenfalls zur Versorgung von Kontrakturen der unteren Extremität beitragen (siehe orthopädisches Management).4

Bezüglich der körperlichen Aktivität können gehfähige Patienten an leichtem Sport teilnehmen, insbesondere am Schwimmen. Intensives Training mit hohem Widerstand sollte vermieden werden.4

Optimieren der Beweglichkeit4
Physikalische Therapie • Dehnung: aktive, aktiv unterstützte und passive Dehnung an 4–6 Tagen pro Woche sowohl während der geh- als auch der nichtgehfähigen Phase mit Schwerpunkt auf obere und untere Extremitäten
• Prolongierte Dehnung: Stehen, Schienen, Orthesen und Stehhilfen
Hilfsmittel • Unterschenkelorthesen lebenslang zur Nacht, um Kontrakturen zu vermeiden sowie Lagerungsschienen für die Hände für Patienten mit verkürzten Fingerbeugern
• Oberschenkel-Orthesen für die Phase der späten Geh- und frühen Nichtgehfähigkeit zum Stehen und zur Bewegung zu Therapiezwecken
• Passive Stehhilfen für Patienten in der Phase der späten Geh- und frühen Nichtgehfähigkeit ohne oder mit wenigen Kontrakturen
Unterstützung der Funktionalität4 • Oberschenkel-Orthesen für die Phase der späten Gehfähigkeit
• Initial manueller Rollstuhl für lange Entfernungen, später motorisiert im Zuge der sich verschlechternden Gehfähigkeit
Hilfsmittel • Das Nachlassen der Kraft im Bereich des Oberkörpers kann den Einsatz von Hilfsmitteln erforderlich machen (Zungenbedienung, Infrarotbedienung, Blickbewegungsregistrierung)
Unterstützende Anpassungen • Erhöhtes Schoßtablett
• Mit Motor anpassbares Bett
• Bade- und Badezimmereinrichtung
• Transportgeräte wie ein hydraulischer Lift und Hebevorrichtungen
Notfallversorgung & Schmerztherapie
Notfallversorgung

Medizinische Fachkräfte sind sich vielleicht nicht über die spezifischen Eigenschaften der DMD und ihrer Therapie im Klaren, die sich auf die Behandlung in Notfallsituationen auswirken können.4 Patienten und ihre Familien erhalten ggf. einen Duchenne-Notfallausweis5, der dazu beiträgt, Notfallteams über die Besonderheiten der DMD zu informieren.

 

Wichtige Punkte in der Notfallsituation4
Zustand des Patienten • Diagnose, Medikation, pneumologischer und kardialer Status und assoziierte Störungen
Information • Lebenserwartung und erwartete gute Lebensqualität
Gegenwärtige Therapie • Kortikosteroid-Therapie wegen evtl. unzureichender Stressantwort, Infektions- und Ulkusrisiko
Respiratorische Funktion • Überwachung bei Opioiden/sedierenden Medikamenten, außerdem bei Sauerstoffgabe ohne Beatmung (Hyperkapnie-Risiko)
• Ateminsuffizienz-Risiko während einer Infektion (bei grenzwertiger respiratorischer Funktion)
• Nachts beatmete Patienten: Zugang zur Beatmung obligat und rascher Kontakt mit dem Beatmungsteam
Kardiale Funktion • Risiko von Arrhythmien und Kardiomyopathie

 

Maßnahmen bei Schmerzen4
Rehabilitation • Physikalische Therapie, Haltungskorrektur, individuell angepasste Orthesen, Rollstuhl und Verbesserungen am Bett
Pharmakologisch • Muskelrelaxanzien und entzündungshemmende Medikamente (dabei mögliche Interaktionen mit anderen Medikamenten berücksichtigen)
• Bisphosphonate und/oder Kalzitonin bei Wirbelkörperfrakturen (können im Rahmen einer Kortikosteroid-Therapie auftreten)
Orthopädisch • Orthopädische Maßnahmen sind eine Option bei nicht behandelbaren Schmerzen, die einer Operation zugänglich sind
Management der DMD: Wichtige Punkte
  • DMD ist eine komplexe Erkrankung, deren Management die koordinierte Anstrengung einer Vielzahl an medizinischen Fachkräften mit Expertise in den folgenden Bereichen erfordert:1
  • Kardiales Management
  • Pneumologisches Management
  • Gastroenterologisches Management
  • Sprach-, Schluck- und Ernährungsmanagement
  • Orthopädisches Management
  • Rehabilitations-Management
  • Psychosoziale Betreuung
  • Kortikosteroid-Therapie
  • Durch Einhalten der höchsten Standards und Anwendung eines umfassenden und einheitlichen Versorgungsansatzes können bei DMD optimale Ergebnisse erzielt werden1
Referenzen

1. Bushby K, et al. Lancet Neurol. 2010;9:77–93.  2.The DMD mutations database: The clinics. Available from: http://www.umd.be/DMD/W_DMD/index.html (accessed 19 October 2016).  3.Bladen CL, et al. Hum Mutat. 2015;36:395–402.  4.Bushby K, et al. Lancet Neurol. 2010;9:177–189.  5.Muscular Dystrophy UK: Alert card – Duchenne muscular dystrophy. Available from: http://www.musculardystrophyuk.org/app/uploads/2016/11/INF2-DMD-alert-card-web-new.pdf (abgerufen am 11.7.2017).

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